Gelsenkirchen

Vor 125 Jahren wurden der Stadt Gelsenkirchen die Stadtrechte verliehen. Das heißt, eigentlich nur einem Teil der Stadt, die heute diesen Namen trägt - und zwar der "Landgemeinde Gelsenkirchen", seit 1868 Verwaltungssitz und Hauptort des Amtes Gelsenkirchen! "Auf den Bericht vom 22. November d.Js. will Ich der im Kreise Bochum belegenen Gemeinde Gelsenkirchen die Städte-Ordnung für die Provinz Westfalen vom 19. März 1856 hiermit verleihen und zugleich genehmigen, dass die genannte Gemeinde fortan auf dem Provinzial-Landtag von Westfalen im Stande der Städte vertreten werde", verfügte am 29. November 1875 Wilhelm 1., König von Preußen. Die neue Stadt Gelsenkirchen, zu jenem Zeitpunkt wenig mehr als 11.000 Einwohner zählend, war geschaffen!

Trotz einer mittelalterlichen Vorgeschichte - erstmalig wurde Gelsenkirchen 1150 urkundlich erwähnt - ist die heutige Stadt tatsächlich und in erster Linie ein Produkt des Industriezeitalters. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Gebiet des heutigen Gelsenkirchen ein dünn besiedelter Landstrich mit etwa 6.000 Einwohnern. Abgesehen von einigen Handwerkern in den Kirchdörfern Gelsenkirchen und Buer ernährten sich die Menschen mehr schlecht als recht von der Landwirtschaft. An die Vorgeschichte der Industriestadt erinnern heute nur noch einige Baudenkmäler wie Schloss Horst, Schloss Berge, die Burg Lüttinghof sowie einige Überreste bäuerlichen Lebens.

Als dann gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts im hiesigen Gebiet Kohle entdeckt, die Gegend durch die Köln-Mindener Eisenbahn verkehrsmäßig erschlossen wurde und schließlich auch allmählich die technischen Probleme der Kohlegewinnung gemeistert werden konnten, begann die Industrialisierung Gelsenkirchens. Kohle und Stahl - die Montanindustrie - bestimmten fortan das Schicksal des Raumes. Aus den zwei Dörfern Gelsenkirchen und Buer und den kleineren Gemeinden, an deren Namen die heutigen Stadtteilnamen erinnern, wuchs eine Industriegroßstadt heran, die zeitweise die bedeutendste Kohlestadt Europas war, nahezu 400.000 Einwohner aufwies und den Beinamen "Stadt der tausend Feuer" erhielt.

Ein derartiger Bevölkerungszuwachs als Folge der Industrialisierung konnte nur Resultat großer Zuwanderungsströme sein. In den ersten Jahren der Industrialisierung genügten den entstehenden Zechen und der Eisen- und Stahlindustrie die Arbeitskräfte, die aus der näheren Umgebung von der Aussicht besserer Löhne angezogen wurden. Schon im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts reichte die Nahwanderung jedoch nicht mehr aus. Deswegen zogen die Werber der Zechengesellschaften in den Osten des 1871 gegründeten Deutschen Reiches, um verarmte Bauern, Landarbeiter und Tagelöhner anzuwerben. Bis zum Ersten Weltkrieg kamen auf diese Weise zahlreiche neue Arbeitskräfte aus Ost- und Westpreußen, Posen, Schlesien und Masuren. Ab den 1920er Jahren wurde der Bergbau stark rationalisiert, so dass viele Bergarbeiter ihre Arbeit verloren. Nach der Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten 1933 wurde im Zuge der Aufrüstung gegen Mitte der 1930er Jahre wieder Vollbeschäftigung erreicht. In der kriegswichtigen Montanindustrie Gelsenkirchens konnte bald schon der Arbeitskräftebedarf kaum mehr gedeckt werden.

Da nach der Befreiung vom Nationalsozialismus in der Nachkriegszeit aufgrund des Wiederaufbaus Kohle und Stahl begehrte Rohstoffe waren, zog die Gelsenkirchener Montanindustrie bald erneut zahlreiche Arbeitskräfte an. In der Zeit des sogenannten Wirtschaftswunders war der deutsche Arbeitsmarkt schon bald leergefegt. So setzte in den 1950er Jahren die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte ein. Auf diese Weise fanden viele Menschen aus Süd- und Südosteuropa Arbeit in Gelsenkirchen.

Seit dem Beginn der Kohlekrise gegen Ende der 1950er Jahre hatte Gelsenkirchen aufgrund seiner einseitig auf die Montanindustrie ausgerichteten Wirtschaftsstruktur schwer mit notwendig werdenden Veränderungen zu kämpfen. In einem schwierigen Prozess der ökonomischen und sozialen Bewältigung des Strukturwandels, der auch heute noch nicht abgeschlossen ist, hat sich die Wirtschaft Gelsenkirchens inzwischen stark gewandelt. Neue Industrien und Dienstleistungsbetriebe sind angesiedelt worden. Neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze konnte mit vielfältigen Maßnahmen zu einer Steigerung der Lebensqualität beigetragen werden.

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